(Deutsche) Politiker sind wirklich erbärmlich. Wenn ihnen nichts mehr einfällt, um ihre Hilflosigkeit, fehlende Perspektiven und Verlogenheit zu kaschieren, greifen sie auf das zurück, was sie gut können: Polemik und Verbote.
Da
tötet ein Autofahrer in einem SUV in Berlin vier Menschen und schon ist diese Lappalie Weltpolitik. Man möge mich nicht falsch verstehen: vier getötete Menschen sind bedauernswert. Aber allein
in Deutschland starben 2018 3.265 Menschen - die hat kein Politiker beweint oder zum Anlaß genommen über das Verbot von Autos laut zu reden.
Rein statistisch gesehen sind die meisten davon von Klein- und Mittelwagen getötet worden, denn die stellen die Mehrheit zugelassener Fahrzeuge dar. Also alle unsicheren Klein- und Mittelwagen verbieten, denn von denen geht die meiste Gefahr aus? Sicher nicht. Aber auf SUVs kann man gut rumhacken. Paßt auch prima zur derzeit verlogenen Umweltpolitikdebatte, denn SUVs sind stinker und unnütz.
Ja. SUVs sind unnütz und stinker. Sie sind groß, schwer und bieten kein bißchen mehr Platz als richtig große Autos wie des deutschen Lieblingskind bei Firmenfahrzeugen der Passat oder ein Auto mit wirklich viel Platz bei gleichem Raumbedarf wie ein SUV: Busse und Transporter (Großraum-Vans oder "Utilities", wie sie beim
KBA heißen). SUVs sind reine Protzkarren und Schwanzverlängerungen, denn kein einziger ihrer Besitzer benötigt Allrad oder sonstige Geländefahreigenschaften - niemals. Aber man sitzt toll und es ist cool.
Aber zurück zu den Wählern: Irgendwer sülzt was davon, daß man SUVs in Innenstädten verbieten soll. OK, gute Idee. Dann müssen wir aber auch Lieferwagen, LKW, und Linienbusse verbieten, denn die sind ebenfalls groß und in der Stadt ist es egal, ob du 100 PS oder 300 hast und den Menschen mit 2,5 t oder 30 t totgefahren hast: er ist tot.
Na gut, das wird natürlich keiner fordern - nicht einmal Politiker. Nein, die schließen sich lieber der Diskussion an und wundern sich dann, wenn sie bei der nächsten Wahl so viele Stimmen an Naziparteien wie die AFD verlieren und das Volk die Volksparteien abstraft, weil sie einfach keine andere
Wahl mehr haben. Denn eins ist klar: sobald ein Politiker den Mund aufgemacht hat und sich dem Gedankenspiel auch nur ein wenig anschloß, hat seine Partei schlagartig 13,5% Wählerstimmer verjubelt.
Anfang 2019 waren in Deutschland
3.144.333 SUVs und 2.400.305 Geländewagen zugelassen (Excel-Datei). Davon ausgehend, daß zu jedem Fahrzeug 1,5 Wähler gehören (Besitzer Plus Familienangehörige), sind das 8.316.957
Wähler. 2019 waren zur Europawahl
61.600.263 Wähler in Deutschland zugelassen (PDF). Die acht Millionen Wahlberechtigte werden ganz bestimmt so schnell nicht wieder die Partei wählen, die ihr Auto entwerten und ihren Lebenststil angreifen will. Das sind 13,5% Stimmenanteil - verloren!
Oh Wunder, welch Überraschung.
Es geht mir gar nicht um SUVs, sondern um die Kurzsichtigkeit und den Frust als Wähler. Wenn Politiker immer nur alles verbieten, was Spaß macht (Fleisch essen, Auto fahren, in den Urlaub fliegen) oder uns belehren und Schulmeistern wollen, dann hat man keine Lust, diese Spaßbremsen zu wählen - egal, wie sehr man auch die Sache an sich unterstützt. Dabei könnten Politiker auch ohne den Bürger ständig als Schuldigen und Unbelehrbaren zu gängeln, gutes bewirken - wenn sie es denn tatsächlich wollen täten und es sich nicht nur um Lippenbekenntnisse handeln würde. Statt Verbote wären Anreize vielleicht der bessere Weg:
- Ihr wollt mehr Elektroautos (völliger Schwachsinn aber das lassen wir Mal): schafft Steuererleichterungen für Kauf und Unterhalt.
- Weniger große Stinker auf den Straßen? Fahrt selber Kleinwagen und ändert die Steuererleichterungen für Firmenfahrzeuge.
- Weniger Kurzstrecken- und Urlaubsflüge? Schon Mal versucht ein Bahnticket von Deutschland nach Spanien zu kaufen? Vereinheitlicht Tarifsysteme und senkt die Preise. Die Bahn ist ein Staatsunternehmen!
- Weniger Feinstaub in Innenstädten? Steckt Geld in den ÖPNV und nicht in den Bau von Großflughafen-Bauruinen.
- "Überfremdung", problematische Asylpolitik? Zeigt Menschlichkeit, Investiert in den Problemländern und nicht in erpresserische Diktaturen. Investiert in hervorragende (nicht in gerade einmal ausreichende) Bildung hierzulande.
Ich weiß: es wird sich nichts ändern. Verbote und Gesetze werden weiterhin erlassen, anstatt Probleme zu lösen. Aber ich wundere mich auch nicht über die Wahlergebnisse - mal sehen, wen ich denn demnächst wähle. Eine "Volkspartei" sicher nicht.