Die Warteschlange in der Postfiliale ist teilweise schon unerträglich
lang. In letzter Zeit wird sie noch länger. Jeder Kunde, der nicht
genau weiß, was er will und eigentlich nur einen Brief frankiert und
loswerden will, wird in ein Verkaufsgespräch verwickelt. Natürlich hat
man dabei nur die Absicht, dem Kunden das optimale Produkt anzudrehen.
Das kostet mehr und bringt so gut wie nichts. Außer, das die
Warteschlange länger wird, weil kein Kunde kapiert, was ihm da
aufgequatscht wird. Weil die Kunden, die eine einzelne Marke am Schalter
holen sowieso eher etwas planlos sind (sonst würden sie die Marke am
Automaten holen oder hätten ein paar auf Vorrat), denken sie, ihnen wird
was sinnvolles angeboten: Zusatzleistung PRIO.
Das kostet 90 Cent extra und bringt rein gar nichts.
Angeblich
wird der Brief priorisiert transportiert. Nachprüfen kann das keiner
und eigentlich ist es doch egal. Ob ein Brief am nächsten oder
übernächsten Tag ankommt, ist egal. Sollte es anders sein, muß man ein
entsprechendes Produkt kaufen, was ungleich teurer ist. Dabei erreichen
schon heute 95 Prozent aller Briefe den Empfänger am nächsten Werktag. Nach Aussage der Post und so muß es auch sein und der Kunde darf sich darauf verlassen. Auch wenn diese angezweifelt
wird. Auch bei Prio kocht die Post nur mit Wasser. Wenn sie die Sendung
abgeben, nachdem der letzte Abhol-Fahrer die Filiale aufsuchte, druckt
sie dieses peinliche Eingeständnis jetzt auch auf die Belege:
"Versandschlusszeit überschritten. Der Transport der Sendung beginnt am
nächsten Werktag".
Eine rechtsverbindliche Zustellung
sichert der Service nicht zu! Hierfür ist einzig ein Einschreiben der
richtige Weg. Die Sendung ist über die Sendungsnummer zwar (kompliziert)
verfolgbar, aber genau der letzte Schritt wird gar nicht dokumentiert.
Die Sendung wird das letzte Mal in der Großbriefsortieranlagen des
Ziel-Briefzentrums gescannt. Anschließend wird sie eventuell zugestellt,
geht verloren, landet beim Nachbarn oder wird weggeschmissen. Keiner
weiß es. Abends werden lediglich die Briefe wieder gescannt, die nicht zugestellt wurden. Der Rest wird als zugestellt angesehen.
Die Post bietet keine Haftung bei Verlust - wie auch, denn es existiert keine Information darüber, wo die Sendung geblieben ist.
Der
Kunde soll also für etwas bezahlen, was ihm eh schon zusteht
(Zustellung am nächsten Werktag) und etwas, was ihm nichts bringt
(Teil-Tracking). Und weil das ein gutes Geschäftsmodell ist -
schließlich wird ein Brief auf seinem Weg sowieso mehrmals
vollautomatisch gescannt, verkaufen die Postillione das Produkt wie
sauer Bier am Schalter. Und alle anderen Kunden müssen warten, bis die
Verkäufer ihren Spruch aufgesagt haben, die Kunden überlegten, leicht
bedrängt wurden ("Sendung kann verfolgt werden" - hört sich toll an) und
dann zögerlich zustimmen. Heute wurde ich dann auch noch Zeuge, wie der
Verkaufsmitarbeiter dem Kunden in radebrecherischen Denglisch einreden
wollte, das sei toll für die Steuererklärung, weil er dann belegen kann,
eine Sendung verschickt zu haben. Das ist natürlich blödsinn, denn
dafür reicht die normale Quittung aus.
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