Dienstag, 17. September 2019

Wie man mal eben 13,5% an Wählerstimmen verjubeln kann

(Deutsche) Politiker sind wirklich erbärmlich. Wenn ihnen nichts mehr einfällt, um ihre Hilflosigkeit, fehlende Perspektiven und Verlogenheit zu kaschieren, greifen sie auf das zurück, was sie gut können: Polemik und Verbote.

Da tötet ein Autofahrer in einem SUV in Berlin vier Menschen und schon ist diese Lappalie Weltpolitik. Man möge mich nicht falsch verstehen: vier getötete Menschen sind bedauernswert. Aber allein in Deutschland starben 2018 3.265 Menschen - die hat kein Politiker beweint oder zum Anlaß genommen über das Verbot von Autos laut zu reden.

Rein statistisch gesehen sind die meisten davon von Klein- und Mittelwagen getötet worden, denn die stellen die Mehrheit zugelassener Fahrzeuge dar. Also alle unsicheren Klein- und Mittelwagen verbieten, denn von denen geht die meiste Gefahr aus? Sicher nicht. Aber auf SUVs kann man gut rumhacken. Paßt auch prima zur derzeit verlogenen Umweltpolitikdebatte, denn SUVs sind stinker und unnütz.

Ja. SUVs sind unnütz und stinker. Sie sind groß, schwer und bieten kein bißchen mehr Platz als richtig große Autos wie des deutschen Lieblingskind bei Firmenfahrzeugen der Passat oder ein Auto mit wirklich viel Platz bei gleichem Raumbedarf wie ein SUV: Busse und Transporter (Großraum-Vans oder "Utilities", wie sie beim KBA heißen). SUVs sind reine Protzkarren und Schwanzverlängerungen, denn kein einziger ihrer Besitzer benötigt Allrad oder sonstige Geländefahreigenschaften - niemals. Aber man sitzt toll und es ist cool.

Aber zurück zu den Wählern: Irgendwer sülzt was davon, daß man SUVs in Innenstädten verbieten soll. OK, gute Idee. Dann müssen wir aber auch Lieferwagen, LKW, und Linienbusse verbieten, denn die sind ebenfalls groß und in der Stadt ist es egal, ob du 100 PS oder 300 hast und den Menschen mit 2,5 t oder 30 t totgefahren hast: er ist tot.

Na gut, das wird natürlich keiner fordern - nicht einmal Politiker. Nein, die schließen sich lieber der Diskussion an und wundern sich dann, wenn sie bei der nächsten Wahl so viele Stimmen an Naziparteien wie die AFD verlieren und das Volk die Volksparteien abstraft, weil sie einfach keine andere Wahl mehr haben. Denn eins ist klar: sobald ein Politiker den Mund aufgemacht hat und sich dem Gedankenspiel auch nur ein wenig anschloß, hat seine Partei schlagartig 13,5% Wählerstimmer verjubelt.

Anfang 2019 waren in Deutschland 3.144.333 SUVs und 2.400.305 Geländewagen zugelassen (Excel-Datei). Davon ausgehend, daß zu jedem Fahrzeug 1,5 Wähler gehören (Besitzer Plus Familienangehörige), sind das 8.316.957 Wähler. 2019 waren zur Europawahl 61.600.263 Wähler in Deutschland zugelassen (PDF). Die acht Millionen Wahlberechtigte werden ganz bestimmt so schnell nicht wieder die Partei wählen, die ihr Auto entwerten und ihren Lebenststil angreifen will. Das sind 13,5% Stimmenanteil - verloren! Oh Wunder, welch Überraschung.

Es geht mir gar nicht um SUVs, sondern um die Kurzsichtigkeit und den Frust als Wähler. Wenn Politiker immer nur alles verbieten, was Spaß macht (Fleisch essen, Auto fahren, in den Urlaub fliegen) oder uns belehren und Schulmeistern wollen, dann hat man keine Lust, diese Spaßbremsen zu wählen - egal, wie sehr man auch die Sache an sich unterstützt. Dabei könnten Politiker auch ohne den Bürger ständig als Schuldigen und Unbelehrbaren zu gängeln, gutes bewirken - wenn sie es denn tatsächlich wollen täten und es sich nicht nur um Lippenbekenntnisse handeln würde. Statt Verbote wären Anreize vielleicht der bessere Weg:
  • Ihr wollt mehr Elektroautos (völliger Schwachsinn aber das lassen wir Mal): schafft Steuererleichterungen für Kauf und Unterhalt. 
  • Weniger große Stinker auf den Straßen? Fahrt selber Kleinwagen und ändert die Steuererleichterungen für Firmenfahrzeuge.
  • Weniger Kurzstrecken- und Urlaubsflüge? Schon Mal versucht ein Bahnticket von Deutschland nach Spanien zu kaufen? Vereinheitlicht Tarifsysteme und senkt die Preise. Die Bahn ist ein Staatsunternehmen!
  • Weniger Feinstaub in Innenstädten? Steckt Geld in den ÖPNV und nicht in den Bau von Großflughafen-Bauruinen.
  • "Überfremdung", problematische Asylpolitik? Zeigt Menschlichkeit, Investiert in den Problemländern und nicht in erpresserische Diktaturen. Investiert in hervorragende (nicht in gerade einmal ausreichende) Bildung hierzulande.
Ich weiß: es wird sich nichts ändern. Verbote und Gesetze werden weiterhin erlassen, anstatt Probleme zu lösen. Aber ich wundere mich auch nicht über die Wahlergebnisse - mal sehen, wen ich denn demnächst wähle. Eine "Volkspartei" sicher nicht.



Samstag, 13. Juli 2019

An alle Schnäppchenjäger, die nicht zählen können: ganze ZWEI Tage!

Amazons "Prime Day" 2019 startet demnächst. Das ist eigentlich nur ein Verkauf von Kram zu vielleicht günstigeren Preisen. Als Geiz-ist-Geil-Menschen, die wir alle sind, finden wir das toll. Seit Tagen nervt die Werbung von Amazon dazu. Und weil ein Tag viel zu kurz ist, wird aus dem DAY (Singular) ein zweitägiges Event (Plural wäre dann "dayS"). Weil das aber wohl keiner versteht, bleibt es beim "Day" und dem lächerlichen Zusatz "das sind ganze zwei Tage".

Werbespot

Ach ja: Wer dabei sein will, muß Prime-Mitglied sein. Das kostet derzeit im Jahr 69 Euro!

Traurig ist, daß unsere Presse das "Event" nutzt, um auf den Zug aufzuspringen und lauter Infoseiten - zum Wohle der Leser und Verbraucher - generiert, die nicht nur kostenlos (?) Werbung für Amazon machen, sondern auch noch lauter Angebote herauspicken und vergleichen.

Werbung für Prime Day als "News" verkauft, Quelle: https://www.google.com/ 



Werbung mit der spionierenden Alexa für ebay anläßlich der "Prime Days"





Dienstag, 12. Februar 2019

Abzocke bei der Deutschen Post

Zum Jahresanfang hat die Deutsche Post nicht nur ihr Portfolio verschlechtert, sie erhöht auch noch die Preise drastisch - und keinem scheint es aufzufallen. Nur die Preiserhöhung beim Standard-Brief wird diskutiert. Dabei gibt es schon jetzt eine erhebliche Verschlechterung, denn in einem normalen Brief darf auf einmal keine Ware mehr verschickt werden. Angeblich folgt die Post damit einem Beschluß des Weltpostvereins - welcher das sein soll, verrät die Post auch auf Nachfrage nicht. Bisher war es erlaubt, in einem Brief zu verschicken, was man wollte. Dazu gehörte auch Ware, solange sie in die vorgegebenen Verpackungen paßte. Und auch wenn den meisten Postlern und Hilfskräften das nicht klar war, so konnte - wie bereits geschrieben - auch eine Kiste als Brief frankiert werden. Das war praktisch, um als Kleinunternehmen Ware von geringem Gewicht, Ausmaß und Wert kostengünstig zu verschicken. Kombinierte man das mit einem Einschreiben, wie es für jeden Brief möglich ist (und nicht das wie sauer Bier beworbene und nutzlose "Prio"), dann war die Sendung auch versichert und der Verbleib nachweisbar. Jetzt ist das auf einmal nicht mehr erlaubt. Vermutlich, weil vor allem die Chinesen das exorbitant und mit staatlicher Subvention ausgenutzt haben, um Billigware zu exportieren. In einem Brief dürfen laut Post seit dem 1.1.19 keinerlei Ware mehr verschickt werden - nur noch schriftliche Mitteilungen. Laut Presseabteilung der Post liegt das u. a. daran, daß
"internationale Dokumenten- und Warensendungen getrennt bearbeitet werden müssen, und zum anderen Anforderungen von immer mehr Ländern, die bei allen Sendungen mit Wareninhalt eine elektronische Datenvoranmeldung aus Zoll- und Sicherheitsgründen verlangen."
Was natürlich Schwachsinn ist, denn wieso sollte eine Sendung innerhalb der EU zollrechtlich bearbeitet werden und was sind "Sicherheitsgründe" außer nichts weiter als eine Ausrede im Zuge der allgemeinen Panikmache um angeblich gestiegene Terrorgefahren? Natürlich muß eine Sendung in ein Drittland zolltechnisch bearbeitet werden. Das ist aber ein Problem des Zolls und nicht der Post. Selbst wenn die Post jetzt auf einmal Sendungen auf Sprengstoff oder was weiß ich kontrolliert, so muß sie das doch mit allen Sendungen machen - auch mit nationalen, denn ein Terrorist wird sich wohl einen Dreck darum scheren, ob er in einem Brief keine Bombe verschicken darf, sondern dazu jetzt Warenpost nutzen muß. Und ein wenig Anthrax bekommt jeder locker in einem Standard-Brief unter. Natürlich müssen internationale Sendungen - gleich welcher Art - getrennt bearbeitet werden: sie sollen ja ins Ausland gehen, aber das war schon immer so.

Was wird jetzt anders? Es gibt die neue Warenpost. Das ist ganz genau das gleiche wie bisher: ein Groß- oder Maxi-Brief mit den gleichen Gewichten und der gleichen Dienstleistung aber er kostet mehr Geld und er bedeutet mehr Aufwand. Und außerdem gibt es ihn nicht mehr für Privatleute. Wer privat also etwas verschicken will, wird gezwungen, ein Päckchen (unversichert!) oder ein teures DHL Paket zu kaufen - oder geht am Besten zur Konkurrenz, die billiger ist und mehr bietet. Es ist anzunehmen, daß der Briefzusteller auch nicht von der neuen Regelung profitiert. Ich kann verstehen, daß es keinen Spaß macht, große Briefe durch die Gegend zu tragen und zuzustellen bzw. eben nicht, weil die Teile nicht in den Briefkasten passen. Aber genau das wird weiterhin der Fall sein, denn Warenpost ist weiterhin ein Briefprodukt. 
Damit ein Gewerbetreibender Warenpost verschicken kann, muß er sich bei der Post registrieren und mindestens fünf Sendungen pro Quartal ins Ausland verschicken (was bei Nichterfüllung dieser Auflage passiert ist nicht heraus zu bekommen). Nicht nur, daß man sich registrieren muß, die Post also Daten bekommt, die sie eigentlich nichts angehen, es ist auch ein erheblicher Aufwand und man muß die Sendung teilweise auch noch bei der Post einzeln erfassen. Ob das tatsächlich notwendig ist oder in den Infobroschüren nur so verkauft wird (weil es ja - aus Sicht der Post - sooo toll und praktisch ist), ist mir unklar.
Mein Tip für Privatversender: einfach bei der Post registrieren und als Rechtsform "freie Berufe" auswählen. In jedem steckt ein freier Künstler, also entspricht es der Wahrheit und keinen geht es etwas an, ob ich damit Geld verdiene oder sonst etwas. Bei der Registrierung steht auch nirgends etwas davon, wieviele Sendungen man verschicken muß.

Die Bundesnetzagentur teilt auf Anfrage, warum es Warenpost nicht für private Kunden gibt, mit:
"Da es sich bei den in Deutschland tätigen Postdienstleistern um private Unternehmen handelt, sind diese zunächst unmittelbarer Ansprechpartner im Hinblick auf ihre Produktgestaltung. Wie zuvor erwähnt, können diese Änderungen ohne vorherige Genehmigung durch die Bundesnetzagentur vorgenommen werden. Der Sachverhalt wird derzeit anhand der regulierungsrechtlichen Vorgaben untersucht."
Die ganze Sendung wird auch noch teurer wenn man Pech hat. Wie immer verschleiert die Post, daß sie nutzlose Dienstleistungen anbietet, die sich toll anhören aber keinen echten Mehrwert bringen. Warenpost "untracked" nennt sich das, was bisher einfach ein Brief war. "Warenpost International S" kostet € 3,70 und sieht auf den ersten Blick aus, wie der Preis bisher für einen Groß-Brief (für "M" und "L" gilt das folgende analog). Wäre da nicht die kleine versteckte hochgestellte "1" und das kleingedruckte
 "Preise zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer für Versand in Länder der EU"
Quelle: https://www.deutschepost.de/de/b/briefe-ins-ausland/warenpost-international.html
So einen Schmu dürfen die nur machen, weil sich das Angebot ausschließlich an Gewerbetreibende richtet - andernfalls wäre das abmahnfähig, weil Preise für Verbraucher inkl. Mehrwertsteuer anzugeben sind. Der Brief kostet also 19% (70 Cent) mehr als bisher: € 4,40 - bei gleicher Leistung und mehr Arbeit. Für einen Gewerbetreibenden, der nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist, eine saftige Preiserhöhung, zu der die Bundesnetzagentur mitteilt:
"Die Umsatzsteuerbefreiung gilt für Produkte im Rahmen des Universaldienstes. Für Fragen der steuerrechtlichen Beurteilung ist das Bundeszentralamt für Steuern der richtige Ansprechpartner."
Als besonderes "Plus" hat sich die Post nun den Brief "tracked" ausgedacht. Das Ding ist genauso nutzlos wie "Prio", denn es wird lediglich der Transportweg über die Sortieranlagen registriert und es erfolgt weder eine echte Zustellbestätigung noch ist die Sendung zuverlässig versichert:
"Für Warenpost International Tracked in bestimmte Länder gewähren wir eine Haftung für Verlust und Beschädigung für den nachgewiesenen Schaden bis max. 20,00 € des nachgewiesenen Schadens. Bis zu einer Gesamthöhe von 20,00 € werden Warenwert und Porto erstattet."1
Mehr als 20 Euro bekommt man also nicht und davon muß man das Porto abziehen. Bei Warenpost L bleiben also gerade einmal 3 Euro für den Warenwert. Und vorher muß man genau nachschauen, in welchen Ländern denn überhaupt eine Haftung übernommen wird.

Also bleibt nur der neue Service "mit Unterschrift" und der kostet (und bietet) - man staune - genau das gleiche, wie bisher ein Brief (€ 3,70/7,00/17,00) mit der Zusatzleistung Einschreiben (€ 2,50). Allerdings eben wieder 19% mehr, wenn man nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist. 

Die Post bietet also faktisch eigentlich gar nichts neues, verschlechtert aber das Angebot, erfordert mehr Aufwand und kassiert auch noch mehr Geld. Zu all den damit aufkommenden Fragen antwortete die Presseabteilung der Deutschen Post nur mit abgedroschenen Phrasen ohne neuen Inhalt:
"Es ist korrekt, dass Privatkunden seit 1.1.2019 keine Waren mehr international per Brief versenden können. Gründe sind zum einen eine vom Weltpostverein beschlossene Regelung, wonach internationale Dokumenten- und Warensendungen getrennt bearbeitet werden müssen, und zum anderen Anforderungen von immer mehr Ländern, die bei allen Sendungen mit Wareninhalt eine elektronische Datenvoranmeldung aus Zoll- und Sicherheitsgründen verlangen. Dies führt bei der Deutschen Post zu höheren Kosten."
Wobei man natürlich sagen muß: nicht die Post profitiert, sondern der Staat, denn der bekommt nun die Mehrwertsteuer geschenkt - bisher waren die Sendungen von der Steuer befreit. Ob sich Bundesbehörden vielleicht deshalb so zurückhalten, bei der kritischen Hinterfragung der neuen Angebotsgestaltung? Wenn aber doch die Post nach ihrer eigenen Aussage höhere Kosten hat, wieso ist dann der einzige Profiteur von der versteckten Preiserhöhung und der Ausdünnung der Angebote sowie des erhöhten Aufwandes das Bundesfinanzministerium?

Auf die Frage, was mit Sendungen aus dem Ausland passiert, die wie bisher als Brief verschickt werden aber offensichtlich Waren enthalten, schweigt sich die Pressestelle der Post ebenfalls aus. Immerhin richtet sich das ganze Prozedere wohl primär gegen diese Transportrichtung. Sendungen aus Drittländern müssen mit einer Zollinhaltserklärung versehen sein, so daß die Erkennung von Waren einfach ist. Eine mögliche Folge könnte sein, daß solche Sendungen von der Post zurückgewiesen werden und der Käufer dann seine Ware nicht erhält und aufgrund der langen Transportwege das erst nach acht Wochen auffällt.

Mein Fazit: Einfach weiter Waren innerhalb der EU in einem Brief verschicken. Die Mitarbeiter bei der Post (die ja eigentlich gar keine sind, sondern Angestellte der Postbank und nur Hiwidienste für die Post nebenbei verrichten), meckern zwar und lassen dumme Bemerkungen fallen, in denen sie den Kunden als Betrüger abstempeln ("sie dürfen gar keine Waren mehr per Brief verschicken; ich nehme das nur auf ihr Risiko an, ihr Problem, wenn es dann zurückkommt") aber sie haben eigentlich gar keine Handhabe, denn woher wollen sie wissen, was in dem Brief steckt? Dank Briefgeheimnis dürfen sie gar nicht reinschauen und es ist mir als Firma erlaubt, den Umschlag für meine Briefe selbst zu wählen. Und wenn der aussieht, wie ein Paket, dann ist das halt so aber das gibt dem Postler nicht das Recht, mir Betrug zu unterstellen.